Ich will keine Kinder… oder vielleicht doch?

Wichtig: Im Folgenden Beitrag geht es vorrangig nur um meine persönlichen Gedanken und Gefühle zum Thema Kinderwunsch. Das Ziel ist weder Tipps zu geben, einen Rat anzubieten oder ähnliches. Ich möchte einfach nur meine Gedanken teilen. Vielleicht hilft es jemandem, der die gleichen Gefühle teilt. Vielleicht auch nicht. Jede Frau sollte das Recht haben über ihren Körper zu bestimmen. Deshalb ist jede Meinung oder Entscheidung gerechtfertigt. Eure Gedanken könnt ihr mir gerne in einem Kommentar da lassen oder mir persönlich schreiben.

 

Ich bin nicht der Typ für Kinder

Warum bekommt man eigentlich das Gefühl, dass eine Frau diese Entscheidung bereits im Grundschulalter während sie mit ihren Puppen spielt für ihr ganzes Leben zu entscheiden hat?

Ich persönlich empfand mich nie wirklich als der „Kindertyp“, falls es sowas überhaupt gibt. Meine Gedanken gingen immer in die Richtung: „Oh ne ich will lieber meine Zeit für mich haben und reisen können, flexibel sein“ oder „das ist mir zu anstrengend, Kinder sind laut und machen Dreck“. Ich bin ehrlich, den Großteil meiner Jugend und auch die Anfangszeit als Erwachsene, dachte ich selbst nicht daran jemals Kinder haben zu wollen. Und ich bin, zumindest im Freundeskreis oder darauf angesprochen auch immer offen damit umgegangen. Immer wieder musste ich mir dabei natürlich die typischen Kritiken oder Meinungen dazu anhören: „Kinder sind doch sowas schönes“, „Wenn du mal Kinder hast, siehst du das alles ganz anders“ und noch viel mehr. Sowas nervt nicht nur, sondern macht teilweise auch echt wütend. Nur weil viele Frauen das dringende Bedürfnis haben und es gefühlt ihr oberstes Ziel ist eine Familie zu gründen, muss das noch lange nicht für alle gelten. Jede Frau kann selbst darüber entscheiden und sollte sich nicht dazu verpflichtet fühlen, nur weil das immer noch dem Idealbild unserer Gesellschaft entspricht. Man kann auch ohne Kinder glücklich werden. Das glaube ich ganz fest. Frauen sollten heutzutage zu ihrer Entscheidung stehen dürfen und keine Kritik dafür erhalten.

 

Oder doch?

So jetzt denkt ihr vielleicht, ok alles klar, hier haben wir noch eine 27-Jährige, die sich für ach modern hält und keine Kinder kriegen will. Tja, ich denke, ich habe mich vor circa 2 Jahren mit am allermeisten überrascht, als ich gemerkt habe, dass sich da etwas in mir regt. Nein, ich war nicht schwanger. Aber nach und nach scheint ein Bedürfnis aufzukommen, manchmal würde ich es sogar als Sehnsucht beschreiben, die erst ganz klein und dann Stück für Stück in mir stärker wurde. Und nach einigen Wochen war mir klar, dass ich die Vorstellung irgendwann mal ein Kind zu haben überhaupt nicht mehr sonderbar oder abstoßend fand. Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto mehr gefallen habe ich an dem Gedanken gefunden.

 

Die Kinderfrage

Doch dann ging auch das berühmte Gedankenkarussell los. Darf ich eine Mutter sein, auch wenn ich es solange für unmöglich hielt, es nicht wollte? Musste man nicht schon von Kindesbeinen so ein starken Familienwunsch haben, um auch eine gute Mutter zu sein? Das ging dann also eine ganze Weile so und ich habe dieses wachsende Bedürfnis immer wieder versucht zu unterdrücken. Denn noch etwas spielte hier mit rein. Ich bin mittlerweile seit fast 8 Jahren mit meinem Freund zusammen und bereits sehr früh haben wir beide festgestellt, dass wir eben nicht so die Kinderleute sind, brauchen wir nicht. Das Thema kam über die Jahre immer mal wieder auf und es hatte sich für uns beide nie wirklich etwas daran geändert. Und jetzt sitze ich auf einmal da und phantasiere darüber, wie es wäre mein eigenes kleines Baby im Arm zu halten. Ich dachte, das war’s. Man hört es oft genug, dass Beziehungen eben genau an der Kinderfrage scheitern, weil der eine Partner unbedingt ein Kind haben möchte, der andere jedoch nicht. Das ist eben keine Frage, ob man eine Wohnung mietet oder ein Haus kauft. Auch wenn das mitunter ebenfalls eine wichtige und große Entscheidung sein kann, hat es eben doch nicht solch eine Tragweite wie eben ein Kind in die Welt zu setzen. Also hatte ich Angst. Angst davor mit meinem Freund darüber zu reden und festzustellen, dass wir uns beide etwas Unterschiedliches für die Zukunft wünschen. Denn mir war bereits da bewusst, wenn wir uns hier uneinig sind, wüsste ich nicht, ob das noch einen Sinn mit uns hätte.

Ich kann mich nicht mehr zu hundert Prozent erinnern, aber ich meine immer mal wieder kleine Andeutungen gemacht zu haben um herauszufinden, wie mein Partner zu der Sache Kinder bekommen mittlerweile steht. Doch so richtig sicher war ich mir irgendwie nie. Bis der Gedanke so oft in meinem Kopf auftauchte und ich fast jede Nacht davon geträumt hatte, dass ich es nicht mehr aushielt. Also fragte ich ihn rundheraus vor zwei Jahren im Sommer mitten in der vollen Berliner S-Bahn, ob er sich nicht doch Kinder wünschte und erklärte ihm, dass sich meine Sicht auf die Dinge anscheinend geändert hätte. Ich weiß, die S-Bahn ist nicht unbedingt der beste Ort für solch ein Gespräch, aber es musste raus und konnte nicht länger warten. Ich weiß noch, wie mein Puls sich extrem beschleunigte und ich Angst bekam. Selbst jetzt noch, wenn ich darüber schreibe, steigt mein Adrenalinpegel. Wortwörtlich kann ich mich an seine Antwort nicht mehr erinnern, der Kern der Sache war jedoch, dass es ihm tatsächlich genauso ging. Wahrscheinlich hat er nicht nächtelang vom Schwanger sein geträumt und sich die Fragen gestellt, ob er Vater werden „dürfe“ nur weil er es bisher nie wollte. Aber plötzlich hatte sich etwas verändert. Unbewusst und zeitgleich, hatte sich unsere Ansicht zum Kinder bekommen grundlegend geändert. Mir fiel in dem Moment ein so riesiger Stein vom Herzen, dass man ihn vermutlich in der gesamten Bahn hätte hören können. Und, ich war glücklich. In dem Moment war ich einfach nur sehr glücklich.

 

Aber du wolltest doch nie Kinder?!

Seitdem ist das Kinder kriegen und Erziehung immer mal wieder ein Thema unter uns beiden. Aus beruflicher Sicht ist es für uns zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht möglich das nun auch in die Tat umzusetzen, darauf gehe ich später noch einmal ein. Kommen wir nun aber erstmal zu einem Aspekt, der mir bis heute teilweise sehr weh tut: die Reaktionen von Freunde und Familie. Wobei die Reaktionen meiner Familie hier gar nicht mal so ins Gewicht fallen. Wenn ich immer gesagt habe, ich könnte eben einfach nicht mit Kindern umgehen, antwortete meine Mutter immer, dass es etwas anderes ist mit dem eigenen Kind. Nur weil man vielleicht mit anderen Kindern nicht so „umgehen“ kann, heißt das noch lange nicht, dass es bei dem eigenen genauso ist. Ich weiß nicht mehr, ob das wirklich so eine große Überraschung für meine Familie war. Aber Sprüche oder Aussagen wie, ich glaube du wärst eine tolle Mutter oder so, habe ich trotzdem nie gehört. Oder kann mich zumindest nicht daran erinnern. Muss aber auch gar nicht. Wie ich als Mutter bin, werden wir eh erst wissen, wenn es soweit ist.

Was mich vielmehr verletzt hat, waren Reaktionen von Freunden. Besonders eine bleibt mir schmerzlich in Erinnerung. Als ich einer Freundin erklärte, dass ich für mich entschieden habe nun doch ein Kind zu wollen, gab es keinerlei positiven Zuspruch oder ähnliches. „Aber du wolltest doch nie Kinder?!“, war das erste was ich zuhören bekam. Und es mögen auf den ersten Blick vielleicht nicht die verletzendsten Worte sein, aber ich erinnere mich einfach noch mehr an den Ton beziehungsweise den Unterton der deutlich dabei mitschwang. Er machte deutlich, dass das so nicht ging. Das sei keine Entscheidung die man mal eben trifft, schließlich wollte ich ja vorher nie Kinder. Geht also jetzt nicht mehr. Es fühlte sich an, als sagte man mir: „Die Zeit ist um. Sie kommen zu spät. Wenn ich nicht schon seit ich mindestens fünf Jahre alt war (wenn nicht sogar noch früher) Kinder haben wollte, könne ich das nicht zurücknehmen.“ Und etwas, das vermutlich, so zumindest meine Hoffnung, nicht so gemeint war, aber bei mir ankam: Mich gefühlt so spät umentschieden zu haben qualifiziert mich nicht gerade dafür auch eine gute (!) Mutter zu werden.

Meine Reaktion darauf war zunächst, das Thema nicht mehr so direkt anzusprechen. Aber viel schlimmer waren die erneuten Gedanken, die wieder aufkamen. Hatte meine Freundin recht? Hatte ich, weil ich nicht seit Jahren Muttergefühle irgendwo in mir trug, meine Chance auf ein eigenes Kind verspielt? Sollte man sich nicht schon früher sicher sein ob man Kinder will oder nicht? Hatte ich es überhaupt verdient ein Kind in die Welt setzen zu wollen, wenn es da draußen Frauen gibt, für die dieser Wunsch unerfüllt bleiben würde, die sich aber bereits seit Ewigkeiten ein Kind wünschen? Diese Gedanken machten mich eine Zeit lang wirklich fertig und ich versuchte eben wieder dieses sehnsüchtige Bedürfnis, dass da in mir keimte zu unterdrücken. Aber wie das eben so ist, hat das auf lange Sicht nicht funktioniert. Stattdessen wurde das Gefühl und der Wunsch nur größer und ich musste mir, so unschön das jetzt klingen mag, eingestehen, dass ich von nun an wohl doch zu den Frauen zählte, die sich ein Kind wünschen.

 

Die Rechnung

Umso mehr mir klar wurde, dass ich ein Kind wollte, kamen weitere Fragen dazu. Ich bin von Natur aus eine Planerin. Von jetzt auf gleich passiert bei mir in der Regel nichts. Der Wunsch, der eben jetzt nun mal da war und sich auch nicht mehr wegbewegen wird, kam für mich persönlich zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. In meinem aktuellen Job als Sachbearbeiterin war ich mehr als unglücklich und spielte gerade mit dem Gedanken noch einmal ein Studium zu beginnen. In einer anderen Stadt. Schon ohne den Kinderwunsch war das ein schwieriger Gedanke. Denn seien wir mal ehrlich, die meisten beginnen ihr Studium direkt nach der Schule mit 18 oder 19 Jahren. Ich war aber nun schon 25, hatte zwar eine abgeschlossene Berufsausbildung, aber auch jede Menge angefangener und abgebrochener Wege in meinem Lebenslauf. Von Berufserfahrung kann man hier noch nicht wirklich sprechen. Zumal ich nun mit einem Studiengang in einem völlig anderen Bereich beginnen wollte.

Das Studium würde mindestens 3 Jahre gehen. Dann wäre ich also schon 29 oder 30 wenn ich fertig wäre. Mit 30 also in den Beruf starten. Schon alleine das ist auch jetzt noch, wo ich am Ende meines 2. Semesters bin, ein doch angstmachender Gedanke. Denn, und jetzt sind wir mal wieder ganz ehrlich: a) werden gerne junge Arbeitskräfte in Einstiegspositionen gesucht, da man die im Unternehmen mitunter auch noch formen kann. Und bei meinem Lebenslauf, muss ich dazu auch erstmal noch in vollen Erklärungs- und vor allem Verkaufsmodus schalten, wenn ich in einem Vorstellungsgespräch sitze. Und b) für die meisten Recruiter bin ich in eben genau „besagtem Alter“ um ein Kind zu kriegen. Ohne Witz, ich habe im Recruitingbereich gearbeitet und habe miterlebt, dass genau deswegen teilweise Zweifel an einer Kandidatin aufkamen. Verständlich, ein Unternehmen möchte sich eben nicht die Arbeit machen, jemanden einzustellen, einzuarbeiten um die junge Frau, dann in bezahlten Mutterschutz zu schicken und für eine eben nicht vorhandene Arbeitskraft zu bezahlen. Aus ökonomischer Sicht kann ich es teilweise nachvollziehen. In meiner Lage, macht es mir eine Heidenangst.

 

Karriere oder dem Altersdruck nachgeben?

Ohne Berufserfahrung kommt man auf dem heutigen Arbeitsmarkt nicht mehr wirklich weiter. Also würde ich natürlich gerne einen Job direkt nach dem Studium ergattern und erstmal alles für den Job geben. Tja, aber dann kommen wir wieder aufs Alter zu sprechen. Um nennenswerte Erfahrungen zu sammeln, müsste man meiner Ansicht und Erfahrung nach schon mindestens zwei bis vier, am besten eher fünf Jahre in einem Beruf oder zumindest Bereich gearbeitet haben. Meiner Rechnung nach, wäre ich dann jedoch bereits 35 Jahre alt. Rechnen wir dann noch den Mutterschutz und eventuelle Elternzeit von 1-2 Jahren dazu, bin ich vielleicht 37 oder 38 Jahre alt um wieder in den Job einzusteigen. Und auch hier kann ich aus Erfahrung leider einfach nur die Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt bestätigen: Frauen haben es nach dem Kinder kriegen schwerer wieder in den Beruf einzusteigen. Auf der einen Seite ist man einfach eine gewisse Zeit lang raus gewesen und auf der anderen ist man nicht mehr so flexibel, kann vielleicht erstmal nur Teilzeit arbeiten. So familienfreundlich sich die meisten Unternehmen auch geben, genau hier sehe ich die ganze Sache kritisch. Und genau davor habe ich Angst. Es wird viel geredet, dass sich ja so viel bisher geändert hat, aber es ist meiner Ansicht nach einfach immer noch so, dass sich Frauen heutzutage für Kind oder Karriere entscheiden müssen.

Ich kann nicht sagen, dass mir eines der beiden Dinge wichtiger als das andere ist. Was ich weiß ist, dass ich endlich in einem Bereich arbeiten möchte, der mir vor allem Spaß macht, mich gleichzeitig aber auch finanziell absichert UND ich ein (vielleicht auch mehr) Kind haben möchte. Doch eben diese Zukunftsängste und eventuellen Jobprobleme sind beim Gedanken an ein Kind immer präsent und werden es wohl auch noch eine ganze Weile sein. Wie sich alles schlussendlich entwickelt kann ich natürlich nicht absehen. Vielleicht kommt alles ganz anders und das Leben wirft mal wieder alle meine Pläne um. Wäre nicht das erste Mal. Aber ich bin mir meines Wunsches sicher und werde dafür kämpfen ihn so für mich zu verwirklichen, dass ich und vor allem auch mein Kind glücklich sein werden.

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Kommen wir zum Buch auf dem Bild. Denn das ist für jeden, der sich ebenfalls mit solchen Gedanken beschäftigt eine absolute Empfehlung. In „The Panic Years“ versucht Nell Frizzell den panischen Jahren, die Frauen meist zwischen 25 – 40 empfinden einen Namen zu geben: The Flux. In dieser Zeit finden sich viele Frauen in einer kleinen bis großen persönlichen Krise – hier werden meist Entscheidungen die dein ganzes Leben beeinflussen getroffen.

Nell Frizzell schreibt über ihre Erfahrungen während ihrer Panic Years auf so ehrliche und gleichzeitig amüsante Weise, dass das Buch mich auf ganzer Länge komplett abholen konnte. Ich habe festgestellt, dass ich mit meinen Gedanken und Ängsten nicht allein bin, dass ich mich nicht dafür zu schämen brauche oder sonst was. Für mich ist „The Panic Years“ eines der besten Sachbücher/Ratgeber, die ich je gelesen habe und es kam genau zur richtigen Zeit.

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