„Eigentlich scheint es doch ganz simpel zu sein: Du kontrollierst deine Gedanken, deine Gedanken kontrollieren deine Gefühle – somit kannst du jederzeit glücklich sein, wenn du nur die richtigen Knöpfe drückst und dein Gehirn >>umprogrammierst<<.“
Titel: Die Happiness Lüge – Wenn Positives Denken Toxisch Wird
Autorin: Anna Maas
Verlag: Eden Books
Erschienen: 05/2021
*Rezensionsexemplar
Darum geht’s:
„»Good vibes only! Mach das Beste draus! Sieh’s doch mal positiv!« Auf Instagram und Co. wird Optimismus bis zum Umfallen gepredigt. Aber lassen sich negative Gefühle wirklich einfach wegmeditieren? Können wir uns allen Ärger und Frust beim Yoga von der Seele atmen? Und ist tatsächlich etwas dran an dem viel zitierten »Law of Attraction«, das unser Schicksal ganz allein in unsere Hände legt, frei nach dem Motto »Wer positiv denkt, dem widerfährt Gutes«?
Anna Maas ist sich sicher: Nein! Denn durch die allgegenwärtige Glückssuche entsteht Druck: Jede*r muss immer positiv denken, für negative Emotionen ist kein Platz. Wer es nicht »schafft«, optimistisch zu bleiben, hat versagt. Dieses Phänomen hat einen Namen: »Toxic Positivity«.
In ihrem Buch untersucht die Journalistin, was wirklich dran ist an dem Zwang zum Glücklichsein. Anhand ihrer eigenen Erfahrungen und der Meinungen zahlreicher Expert*innen erklärt sie, warum eine positive Lebenseinstellung um jeden Preis oft nicht nur wenig hilfreich ist – sondern uns sogar schaden kann.“
Meine Meinung:
Ich habe schon einige Ratgeber für Erfolg, Glück usw. gelesen und kenne daher das Gefühl, jetzt einfach nur noch positiv denken zu müssen und dann werden alle meine Wünsche wahr. Leider ist das 1000 Mal einfacher gesagt als getan und spoiler, hat es eigentlich nie geklappt.
Genau diese Erkenntnis hat sich in den letzten Monaten bereits bei mir breit gemacht, aber zu sagen, dass positives Denken toxisch werden kann, erschien mir dann doch etwas zu viel. Gerade das hat mich so neugierig auf das Buch gemacht und ich wollte sehen, ob ich mit der Autorin am Ende übereinstimme oder nicht.
In dem Buch streift Anna Maas dabei verschiedene Themen an, von der Coronakriese, sozialen Medien, bis hin zu toxischer Positivität bei Schwangerschaften oder Verlusten. Ich persönlich fand jedes einzelne Kapitel sehr spannend und teilweise erschreckend, in wie vielen Bereichen eine krampfhafte Positivität gelebt wird. Für manche sind die Kapitel über Schwangerschaft oder Krankheiten vielleicht nicht direkt persönlich relevant, ich empfehle sie aber dennoch. Denn so kann man seine eigenen gegebenenfalls toxischen Aussagen, die erstmal harmlos scheinen, überdenken und im Umgang mit anderen besser kommunizieren.
Besonders gefallen hat mir, dass das Buch trotz dessen positives Denken nicht verteufelt. Es zeigt aber, dass es eben nicht jedem/r in jeder Situation helfen kann. Manchen reichen ein paar inspirierende Zitate auf Pinterest und Co. Das ist gut so. Jeder sollte das tun, was ihm/ihr gut tut.
Jedoch, und das ist für mich die größte Erkenntnis, die ich aus dem Buch mitnehme, sollte diese Positivität nicht zwanghaft werden. Negative Gefühle sind wichtig, denn aus ihnen können wir lernen. Sie machen uns menschlich. Aber unsere Gesellschaft versucht negative Gefühle immer mehr zu unterdrücken. Allen soll es immer nur gut gehen. Schlechte Laune, Wut oder Trauer – da sollte man schnell von weg kommen. Das mag niemand mehr sehen.
Mir hat der Schreibstil sehr gefallen. Er ist flüssig, teils witzig und dabei immer vollkommen nahbar und authentisch. Ich konnte mich in sehr vielen Situationen selbst wiedererkennen. Man könnte vermutlich zu jedem einzelnen Thema ein Buch schreiben, aber ich finde die Autorin hat das sehr gut in den Kapiteln zusammengefasst. Es ist nicht anklagend aber bietet genug Raum, dass man seine eigene Perspektive mal überdenken könnte.
Wie oft mir schon gesagt wurde, >>Lach doch mal<< kann ich schon gar nicht mehr zählen. Und sobald es jemand sagt, bewirkt es genau das Gegenteil: ich werde genervt oder richtig sauer. Ich lache, wenn es etwas zu lachen gibt. Die ganze Zeit mit einem Grinsen im Gesicht rumzulaufen ist unrealistisch. Viele denken vor so einer Aussage aber gar nicht darüber nach. Vielleicht wäre es zielführender mal eher zu fragen, ob alles okay ist, anstatt direkt einen der schönen Positivity Sprüchen zu drücken.
Für mich persönlich hat das Buch gezeigt, dass es okay ist, dass ich einigen Influencer*innen und Bloggern in den sozialen Medien entfolgt bin, da ich auf Dauer ein schlechtes Gewissen bekam. Schließlich sei es ja so einfach, erfolgreich und glücklich zu sein – man müsse nur positiv denken. Das baute bei mir jedoch gehörigen Druck auf. Das jetzt auch genau so sehen zu können, verdanke ich Anna Maas und ihrem Buch.
Für Gedanken und Gefühle, die ich zwar bereits verspüre und die mir vage bewusst sind, ich aber nicht in Worte fassen kann, liebe ich Bücher. Und dieses Buch ist eine klare Leseempfehlung!
„>>The difference between a good day and a bad day is your attitude a lot more complex than some sanctimonious quote on the internet.<<